„Wir wollen verhindern, dass junge Menschen die Region verlassen“

Pressespiegel

Ein wenig sorgenvoll blickt Franz-Josef Willems, der Chef der Initiative Erfurter Kreuz, auf Arnstadts Straßen. Über Nacht hat Regen eingesetzt. Nun sind die Wege von einer dünnen Eisschicht überzogen. „Wir sind ein Garant für komische Wetterlagen“, sagt der Unternehmer lachend.

Vom gefährlichen Eis lassen sich am Samstagvormittag aber weder Jugendliche noch Eltern abschrecken. Rund 700 Gäste strömen zur neunten Auflage der Berufsinformationsmesse in die Berufsschule in der Karl-Liebknecht-Straße.

Vor Jahren startete die Initiative Erfurter Kreuz mit zehn Ausstellern. „Damals gab es noch mehr Abgänger als Lehrstellen“, erinnert sich Dieter Holletschke. Dennoch blieben Ausbildungsplätze unbesetzt, weil Absolventen gar nicht wussten, was man alles in der Region lernen kann. Inzwischen haben sich die Vorzeichen gedreht, das große Werben um geeigneten Berufsnachwuchs hat begonnen. Das Ziel sei aber das gleiche geblieben, sagt Dieter Holletschke: „Wir wollen verhindern, dass junge Menschen die Region verlassen.“

Hunderte Interessenten in der Berufsschule

Von Mal zu Mal beteiligen sich mehr Aussteller an der Messe. 43 waren es diesmal. Sie stellten über 70 Ausbildungsberufe und Studiengänge vor. „Ehrenamtlich ließe sich das nicht mehr organisieren“, gibt Franz-Josef Willems zu. Bislang gab aber das Stadtmarketing die beste Unterstützung. Das werde, wenn auch in anderer Firmierung, auch in Zukunft so sein, sichert Bürgermeister Alexander Dill dem Verein zu.

Die jungen Besucher gehen am Samstag nicht nur auf Lehrstellensuche. So mancher fragt auch nach Praktikumsplätzen. Je mehr Erfahrung Schüler sammeln, umso besser lernen sie bestimmte Berufsbilder kennen. Das hilft, die Abbrecherquote zu senken. Die ist im Ilmkreis vergleichsweise hoch, gibt Beatrice Ströhl. die Chefin der Agentur für Arbeit, zu. 25 Prozent der Lehrlinge beendet die Ausbildung nicht. Hieran müsse gearbeitet werden.

Zugleich begrüßt sie Initiativen wie die Berufsinformationsmesse, bei der Berufe, deren Name oft wenig über die eigentliche Tätigkeit aussagt, vorstellt und deutlich macht, dass es in Thüringen mehr berufliche Perspektiven gibt, als so mancher glaubt.

Gefragt seien allerdings auch die Unternehmer, sagt Ströhl. Denn ein weiteres Viertel der Lehrlinge wisse während der Ausbildung nicht, wie es danach weitergeht. Übernahmeangebote seien ebenso hilfreich wie eine Zusicherung, bei der Jobsuche zu helfen, sagt sie.

Einige der Messestände werden von jungen Flüchtlingen betreut. Drei Klassen gibt es derzeit an der Berufsschule, in der junge Menschen aus dem Ausland Deutsch lernen und sich auf den Berufsstart vorbereiten. Knapp 150 Jugendliche warten auf einen solchen Platz. Sie zu unterrichten, sei kein Problem, versichert Schulleiterin Ines Eckardt, denn sie seien überaus motiviert. Was momentan fehle, seien zusätzliche Lehrkräfte.

Sie und ihr Ilmenauer Kollege Frank Macholdt sehen den neuen Aufgaben gelassen entgegen. Und freuen sich, dass die Zahl der Berufsschüler langsam steigt, denn das sichert die Existenz beider Berufsschulen im Ilm-Kreis.

 

(Quelle: TA, 25.01.2016)